[Mehr Informationen zu Gestalttherapie und Gestalttheoretischer Psychotherapie als Basis für die Psychosoziale Beratung]
Die Gestalttherapie ist eine Form der Psychotherapie, die unter anderem von Fritz Perls entwickelt wurde. Die Grundsätze der Gestalttherapie lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Hier und Jetzt: Die Gestalttherapie konzentriert sich auf das Erleben im Hier und Jetzt. Die Vergangenheit wird als Quelle der Probleme betrachtet, aber der Fokus liegt darauf, wie diese Erfahrungen im gegenwärtigen Moment wahrgenommen werden.
- Kontakt: Die Gestalttherapie betont die Bedeutung von Kontakt und Beziehung zwischen Therapeut und Klient sowie zwischen dem Klienten und seiner Umgebung. Ein wichtiger Aspekt des Kontakts besteht darin, sich bewusst zu sein, wie man sich selbst in der Welt sieht und wie man mit anderen interagiert.
- Bewusstheit: Bewusstheit ist ein zentraler Grundsatz der Gestalttherapie. Es geht darum, die eigenen Gedanken, Gefühle und Handlungen bewusst zu erleben und sich dessen zu sein, was im gegenwärtigen Moment passiert.
- Verantwortung: Die Gestalttherapie fördert die Übernahme von Verantwortung für das eigene Leben und die eigenen Entscheidungen. Der Therapeut unterstützt den Klienten dabei, seine Verantwortung zu übernehmen und sich aktiv für Veränderungen einzusetzen.
- Unvollständigkeit: Die Gestalttherapie sieht den Menschen als ein unvollständiges Wesen, das beständig danach strebt, sich zu vervollständigen. Der Therapeut unterstützt den Klienten dabei, seine eigenen unvollständigen Aspekte zu erforschen und zu integrieren.
- Polarität: Die Gestalttherapie betrachtet Gegensätze und Polaritäten als ein zentrales Konzept. Der Therapeut unterstützt den Klienten dabei, verschiedene Aspekte seiner selbst zu integrieren, um eine größere Einheit und Ganzheit zu erreichen.
- Kreativität: Kreativität ist ein wichtiger Aspekt der Gestalttherapie. Der Therapeut ermutigt den Klienten, seine eigenen kreativen Fähigkeiten zu nutzen, um seine Erfahrungen zu verarbeiten und sich weiterzuentwickeln.
Diese Grundsätze der Gestalttherapie spiegeln die Überzeugung wider, dass der Mensch beständig danach strebt, sein Leben zu verbessern und sich zu vervollständigen. Durch das Bewusstmachen und Bearbeiten von unvollständigen Aspekten der Persönlichkeit und das Übernehmen von Verantwortung für das eigene Leben kann der Klient seine innere Einheit und Ganzheit wiederherstellen und ein erfülltes Leben führen.
Die Gestalttheoretische Psychotherapie (siehe rechts) kann als eine Weiterentwicklung der Gestalttherapie betrachtet werden, da sie auf der Gestalttheorie aufbaut, die von Kurt Lewin entwickelt wurde. Fritz Perls, der Begründer der Gestalttherapie, war einer von Lewins Schülern und hatte dessen Theorie in seine Arbeit integriert. Die Gestalttheoretische Psychotherapie geht jedoch über die Gestalttherapie hinaus und integriert auch andere psychotherapeutische Ansätze und Modelle, wie z.B. die Systemtheorie, die Selbstpsychologie und die kognitive Verhaltenstherapie. Die Gestalttheoretische Psychotherapie ist auch weniger dogmatisch als die Gestalttherapie und lässt mehr Raum für Flexibilität und Anpassung an die individuellen Bedürfnisse und Erfahrungen des Klienten.
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Die Gestalttheoretische Psychotherapie ist eine Weiterentwicklung der Gestalttherapie, die auf der Gestalttheorie basiert. Die Grundsätze der Gestalttheoretischen Psychotherapie lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Selbstregulation: Der Mensch ist ein selbstregulierendes System, das sich selbst organisieren kann, um sich an die Anforderungen der Umgebung anzupassen. Die Gestalttheoretische Psychotherapie betrachtet den Menschen als ein aktives und flexibles System, das in der Lage ist, sich selbst zu regulieren.
- Organismus-Umwelt-Interaktion: Der Mensch ist Teil seines Umfelds und interagiert ständig mit ihm. Die Gestalttheoretische Psychotherapie betont die Bedeutung der Interaktion zwischen dem Organismus (dem Menschen) und seiner Umwelt und sieht psychische Probleme als Folge von Störungen in dieser Interaktion.
- Perspektivenwechsel: Die Gestalttheoretische Psychotherapie betont die Bedeutung von Perspektivenwechseln und sieht sie als einen wichtigen Weg zur Verbesserung der Selbstregulation und der Organismus-Umwelt-Interaktion. Der Therapeut ermutigt den Klienten, verschiedene Perspektiven einzunehmen und seine Erfahrungen aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.
- Gestaltbildung: Die Gestalttheoretische Psychotherapie betrachtet den Organismus als ein Ganzes, das mehr als die Summe seiner Teile ist. Die Gestaltbildung bezieht sich auf die Art und Weise, wie wir unsere Erfahrungen zu einer sinnvollen Gestalt formen. Der Therapeut unterstützt den Klienten dabei, seine Erfahrungen zu ordnen und zu integrieren, um eine sinnvolle Gestalt zu bilden.
- Dialog und Interaktion: Die Gestalttheoretische Psychotherapie betont die Bedeutung von Dialog und Interaktion in der Therapie. Der Therapeut arbeitet zusammen mit dem Klienten, um gemeinsam eine Lösung für die Probleme des Klienten zu finden. Der Fokus liegt auf der Verbesserung der Organismus-Umwelt-Interaktion und der Selbstregulation.
- Komplexität und Ambiguität: Die Gestalttheoretische Psychotherapie betrachtet den Menschen als ein komplexes und widersprüchliches Wesen, das sich in einer sich ständig verändernden Umwelt befindet. Der Therapeut unterstützt den Klienten dabei, die Komplexität und Ambiguität seiner Erfahrungen zu akzeptieren und zu integrieren.
- Präsenz: Die Gestalttheoretische Psychotherapie betont die Bedeutung von Präsenz und Achtsamkeit im Hier und Jetzt. Der Therapeut unterstützt den Klienten dabei, sich bewusst zu sein, was im gegenwärtigen Moment passiert und wie er darauf reagiert.
Diese Grundsätze der Gestalttheoretischen Psychotherapie betonen die Bedeutung der Interaktion zwischen dem Organismus und seiner Umwelt sowie die Fähigkeit des Menschen, sich selbst zu regulieren und zu verändern. Durch die Verbesserung der Organismus-Umwelt-Interaktion, die Integration von Erfahrungen und die Entwicklung von Präsenz und Achtsamkeit kann der Klient eine bessere Selbstregulation erreichen und ein sinnvolleres und erfüllteres Leben führen.
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Die Gestalttherapie und die Gestalttheoretische Psychotherapie haben viele Ähnlichkeiten:
- Beide Ansätze betonen die Bedeutung der Erfahrung im Hier und Jetzt. Sowohl in der Gestalttherapie als auch in der Gestalttheoretischen Psychotherapie steht die bewusste Wahrnehmung und das Erleben im Mittelpunkt.
- Beide Ansätze legen großen Wert auf den Kontext. In der Gestalttherapie wie auch in der Gestalttheoretischen Psychotherapie wird das Individuum nicht isoliert, sondern immer in Beziehung zu seinem Umfeld betrachtet.
- In beiden Ansätzen geht es um Ganzheitlichkeit. Der Mensch wird als ein komplexes Ganzes verstanden, das nicht nur aus der Summe seiner Teile besteht.
- Sowohl in der Gestalttherapie als auch in der Gestalttheoretischen Psychotherapie wird das Phänomen der Unvollständigkeit betont. Es wird angenommen, dass der Mensch bestrebt ist, unvollständige Erfahrungen und Handlungen zu vervollständigen.
Die Ansätze der Gestalttherapie und der Gestalttheoretischen Psychotherapie ergänzen einander somit und sind sehr gut für das Coaching und die Lebensberatung geeignet, da sie darauf abzielen, Menschen in ihrer Entwicklung und Veränderung zu unterstützen.
In beiden Ansätzen geht es darum, die bewusste Wahrnehmung und das Erleben im "Hier und Jetzt" (siehe unten) zu fördern, um eine Verbindung zwischen Körper, Emotionen und Gedanken herzustellen. Dadurch können Menschen erkennen, wie sie sich in Bezug auf ihre Umwelt und andere Menschen verhalten und wie sie ihre Handlungsoptionen erweitern können.
In der Lebensberatung können die Ansätze der Gestalttherapie und der Gestalttheoretischen Psychotherapie dazu beitragen, Menschen zu helfen, Herausforderungen und Schwierigkeiten zu bewältigen, indem sie ihre Wahrnehmung und ihr Verhalten im Hier und Jetzt verändern. Die Arbeit mit Gestalten, wie sie in der Gestalttheoretischen Psychotherapie verwendet wird, kann auch dazu beitragen, verborgene oder unterdrückte Aspekte des Selbst und der Umwelt zu identifizieren und anzusprechen.
Weiters können die Ansätze der Gestalttherapie und der Gestalttheoretischen Psychotherapie dazu beitragen, Klienten dabei zu unterstützen, sich selbst besser kennenzulernen und sein volles Potenzial zu entfalten. Indem Klienten ihre Wahrnehmung und Verhalten bewusst wahrnehmen und die Verbindung zwischen Körper, Emotionen und Gedanken herstellen, werden Handlungsoptionen erweitert und bessere Entscheidungen möglich.
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Insbesondere die "Sechs Kennzeichen der Arbeit am Lebendigen" nach Wolfgang Metzger eignen sich sehr gut zur Anwendung und Übertragung auf einen guten Beratungsprozess:
Nicht-Beliebigkeit der Form: In der Lebensberatung ist es wichtig, die individuellen Bedürfnisse, Stärken und Schwächen des Klienten zu berücksichtigen und auf dieser Basis gemeinsam realistische Ziele zu entwickeln. Es geht darum, die einzigartige Persönlichkeit des Klienten zu akzeptieren und zu fördern, anstatt ihm eine bestimmte Form aufzuzwingen.
Gestaltung aus inneren Kräften: Es ist wichtig, dass der Klient seine eigenen Ressourcen und Fähigkeiten erkennt und nutzt, um Veränderungen in seinem Leben herbeizuführen. In der Lebensberatung geht es darum, dem Klienten dabei zu helfen, seine inneren Kräfte und Antriebe zu entdecken und zu aktivieren, um seine Ziele zu erreichen.
Nicht-Beliebigkeit der Arbeitsgeschwindigkeit: Veränderungen im Leben können Zeit und Geduld erfordern. In der Lebensberatung geht es darum, dem Klienten zu helfen, realistische Erwartungen zu entwickeln und geduldig zu sein, während er an seinen Zielen arbeitet. Es ist wichtig zu erkennen, dass jeder Mensch sein eigenes Tempo hat und dass Veränderungen nicht erzwungen werden können.
Nicht-Beliebigkeit der Arbeitszeit: In der Lebensberatung geht es darum, dem Klienten dabei zu helfen, seine Ziele in seinem eigenen Tempo zu erreichen, ohne dabei unnötigen Druck aufzubauen. Veränderungen können auch durch Umstände im Leben des Klienten verzögert werden, und es ist wichtig, dies zu akzeptieren und darauf flexibel zu reagieren.
Duldung von Umwegen: In der Lebensberatung kann es notwendig sein, Umwege zu akzeptieren, die im Leben des Klienten auftreten, um seine Ziele zu erreichen. Es ist wichtig, diese Umwege als Teil des Entwicklungsprozesses zu betrachten und dem Klienten zu helfen, alternative Wege zu finden, um seine Ziele zu erreichen.
Wechselseitigkeit des Geschehens: In der Lebensberatung geht es darum, eine partnerschaftliche Beziehung zwischen dem Berater und dem Klienten aufzubauen, die auf gegenseitigem Respekt und Vertrauen basiert. Es geht darum, gemeinsam zu arbeiten und Veränderungen als eine gemeinsame Leistung zu betrachten.
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Es erwartet Sie KEIN im voraus festgelegtes, einheitliches Schema des Ablaufs und der Arbeitsweise. Das würde Ihrer Einzigartigkeit nicht gerecht werden. Vielmehr können Sie durch genaues und achtsames Hinschauen neue Wege für sich entdecken und von einschränkenden Sachzwängen und Ängsten zu mehr Selbstbestimmung, Lebensfreude und Beziehungsfähigkeit gelangen.
Das dient dem Wachstum der Persönlichkeit auf dem Weg zu Authentizität und Individualität, einem gesunden Verantwortungsgefühl und Selbstwert sowie zu mehr Lebendigkeit und Kreativität. Denn ist meine grundlegende Überzeugung, dass sich Menschen immer entwickeln können und dass das Leben immer einen Sinn hat.
Zu Beginn unserer gemeinsamen Arbeit klären wir ausführlich Ihr Anliegen:
- Wie ist Ihre aktuelle Situation?
- Was soll so bleiben?
- Was soll sich ändern?
- Woran würden Sie Fortschritte in die Richtung erkennen, die Sie sich wünschen?
Damit legen wir gemeinsam einen roten Faden fest, welcher dem Beratungsprozess eine Struktur verleiht. Im Mittelpunkt steht allerdings immer das, was Sie aktuell bewegt. Das kann von Termin zu Termin ganz unterschiedlich sein. Manchmal kann es bedeuten, einen weiteren Schritt entlang des roten Fadens zu gehen. Es kann aber auch bedeuten, etwas völlig Anderes zu thematisieren.
Jeweils geht es darum, Sie zu unterstützen, möglichst viel von den Kräften, die Sie in Ihrer Lebenssituation bewusst oder unbewusst von innen und von außen bewegen, wahrzunehmen und Ihren ganz persönlichen Weg im Umgang damit zu finden.
Wir nehmen uns so viel Zeit, wie Sie wollen!
Zeit für Ihr Anliegen, Zeit für Ihre Entwicklung und Zeit für Ihre Bedürfnisse.
Viel Raum bekommt das Erkunden dessen, wie Ihre jeweilige Situation gerade im Moment ist. Dabei interessiere ich mich gleichermaßen für Ihr Fühlen, Ihr Denken und Ihr Tun. Gefühle, Gedanken und Körper beeinflussen sich wechselseitig in der Beziehung zu sich selbst wie in den Beziehungen zu anderen. Deswegen gehen wir all diesen Phänomenen menschlicher Existenz mit gezielten Fragen auf den Grund.
Die Beobachtung von Körperhaltung und Bewegung macht beispielsweise erlernte Denk- und Verhaltensmuster sichtbar.
Auch der Umgang mit unseren Gefühlen spiegelt sich im Körper wider und zeigt sich im Atemfluss, über die Stimme, in der Körperspannung sowie in Mimik und Gestik.
Neben gesprächsorientierten Techniken greife ich deshalb gerne auf Experimente zurück, die Ihnen einen neuen Blickwinkel eröffnen, wie zum Beispiel kreative Aktivitäten, Rollenspiele oder Aufstellungen.
Was jeweils zum Einsatz kommt, stimmen wir gemeinsam auf Ihre Wünsche und Ihre Situation ab.
Arbeiten mit dem "Hier und Jetzt"
"Hier und Jetzt" ist eine Formulierung, die einem in der psychologischen Fachsprache immer wieder begegnet. Doch was ist damit gemeint?
Kurz gesagt: Es geht um die Konzentration auf das, was aktuell da ist.
Dieses Konzept kann Achtsamkeitsübungen beinhalten, bei denen auf die unmittelbare Wahrnehmung fokussiert wird. (dazu mehr hier) Doch im Kern geht es darüber weit hinaus.
Denken wir nur daran, was sofort geschieht, sobald wir uns an etwas Schönes oder Trauriges erinnern. Bereits das Erinnern löst eine emotionale Reaktion bei uns aus. Und diese Reaktion findet jetzt statt, ist also aktuell gegeben, obwohl das Ereignis weit zurückliegen mag.
Ebenso ist es mit Hoffnungen, Wünschen oder Sorgen und Ängsten. All das kann jetzt Reaktionen auslösen. Damit führen also auch zukünftige und sogar ungewisse Ereignisse zu einem Erleben im "Jetzt".
Das Erleben hat demnach mehrere zeitlichen Perspektiven: Die Gegenwart, die Zukunft und die Vergangenheit. Ausschlaggebend ist, was gerade im Moment wirksam wird.
Ähnlich ist mit dem "Hier": Wenn ich an etwas denke, was einem guten Freund gerade in diesem Moment widerfährt, löst dies bei mir (also hier) etwas aus.
Alle diese Komponenten werden berücksichtigt, wenn wir gemeinsam Ihr individuelles "Hier und Jetzt" erforschen.
Warum ist das "Hier und Jetzt" in Beratung und Therapie so wichtig?
In der heutigen hektischen Welt nehmen wir alle uns viel zu selten die Zeit, um zu spüren, wie wir gerade sind und was wirklich um uns herum da ist. Damit machen wir es alten und gewohnten Denk- und Handlungsmustern leichter, die Führung zu übernehmen, obwohl wir uns kognitiv oft eine Veränderung wünschen. Deswegen ist die Achtsamkeit und das Arbeiten mit dem "Hier und Jetzt" ein wesentlicher Bestandteil und eine zentrale Methode in der gestalttheoretischen Arbeit. (Man nennt dies dort auch "phänomenologisches Arbeiten".)
Eine wiederkehrende zentrale Frage in der Beratung ist daher: Wie ist es gerade, ich zu sein? Welche Körperempfindungen, Gedanken und Gefühle sind gerade im Vordergrund? Und welche bilden den Hintergrund meines Erlebens? Und wie stehe ich gerade dazu, mich so wahrzunehmen?
Diese Arbeitsweise wird auch von der Überzeugung und Erfahrung getragen, dass sich das, was wichtig ist, zum richtigen Zeitpunkt von selbst zeigen wird.
[Weitere Grundbegriffe aus der Gestalttheorie]
[Die folgenden Ausschnitte stammen aus dem "Lexikon zur Gestalttheoretischen Psychotherapie" der ÖAGP]
"Bezugssystem": Einzelne Phänomene stehen im Kontext eines Ganzen (z.B. Werthaltungen, Wünsche, Leitbilder) in vielfältigen Konstellationen zueinander, wie in verschiedenen Gewichtungen, Über- und Unterordnungsverhältnissen. So sind z.B. Erfolgs- oder Misserfolgserlebnisse nicht unmittelbar mit bestimmten, objektiv messbaren Erfolgen oder Misserfolgen verknüpft, sondern bekommen erst im konkreten Bezugssystem, dem Anspruchsniveau, ihre spezifische Bedeutung und Bewertung. Allgemein läßt sich über ein Bezugssystem aussagen: Je besser neue Erfahrungen und Informationen dem schon bestehenden Bezugsystem entsprechen, desto besser werden sie behalten und desto mehr beeinflussen sie das bestehende Bezugssystem.
"Figur und Grund": Das Begriffspaar meint mehr und etwas anderes als das alltagssprachliche „im Vordergrund sein“ oder „im Hintergrund sein“. Gemeint sind vielmehr solche Fälle, wo man in der Wahrnehmung etwas als Figur erlebt, das sich – begrenzt von einer Kontur – von einem darunter liegenden, unter ihm durchgehenden Grund abhebt. Dieses „eins auf dem anderen“ unterscheidet solche Fälle also von Konstellationen, wo zwei Bereiche als nebeneinander liegend wahrgenommen werden, als aneinander angrenzend oder voneinander durch einen Abstand getrennt.
"Gestalttheorie" laut Max Wertheimer (1880-1943): "Es gibt Zusammenhänge, bei denen nicht, was im Ganzen geschieht, sich daraus herleitet, wie die einzelnen Stücke sind und sich zusammensetzen, sondern umgekehrt, wo - im prägnanten Fall - sich das, was an einem Teil dieses Ganzen geschieht, bestimmt von inneren Strukturgesetzen dieses seines Ganzen."
"Hier-und-jetzt" wird in der Gestalttheoretischen Psychotherapie im Unterschied zu anderen Richtungen, die sich auf ein derartiges Prinzip berufen, nicht als Ausblenden der Vergangenheit und Zukunft verstanden. Hier und jetzt schließt im Erleben und Verhalten immer auch die psychologische Vergangenheit und die psychologische Zukunft mit ein, also die im Erleben des Gegenwärtigen wirkenden Vorstellungen von der Vergangenheit und von der Zukunft des Individuums.
"Ichhaftigkeit" ist nicht gleichbedeutend mit Ich-Zentrierung. Es gibt Situationen, in denen das Ich auch sachlich gefordert im Zentrum steht. In solchen Fällen besteht die Forderung an das Ich gerade darin, diese zentrale Stellung und Funktion im Ganzen auch tatsächlich wahrzunehmen und auszufüllen. Von Ichhaftigkeit kann also nur gesprochen werden, wo es zu einer Zentrierung auf persönliche Interessen kommt, die im Widerspruch zur sachlichen Struktur und Dynamik der Situation stehen. Fritz Künkel (1982) beschreibt den Begriff "Ichhaftigkeit" als auf eigene Wirkung bedacht sein, alles Handeln auf persönliche Zwecke ausrichten, geleitet von starren Ich-Idealen (fehlerlos, gut, arm sein, leiden etc.). Ichhafte Verhaltensweisen sind etwa Gleichgültigkeit und Fanatismus, es entstehen bloße Scheingemeinschaften. Für Max Wertheimer gilt Künkels "Sachlichkeit" als Gefordertheit, als wichtiges Kennzeichen des freien Menschen, dessen Handeln von einer in der Umwelt wahrgenommenen Sachlage ausgeht, der sich Ziele setzt, die über das eigene Ich hinausreichen, der eigene Interessen als Teil der Gesamtsituation sieht. Dadurch kann er lebendig, flexibel, produktiv sein. Der Gefordertheit der Lage entsprechend handeln (Sachlichkeit), von rein persönlichen Interessen absehen können, sich als Teil eines Ganzen verstehen (Wirhaftigkeit) und dadurch erhöhte Beziehungsfähigkeit erlangen.
"Kraftfeldanalyse": Außer dem Erleben der Klienten nachzuvollziehen und zu vertiefen, wird auch den treibenden und hemmenden Kräften auf den Grund gegangen, die in diesem Erleben wirksam werden. Das ist auch ein elementares Bedürfnis von Klienten, sie wollen das Zustandekommen der erlebten Sachverhalte auch verstehen. Diese Kräfte sind auf Seiten der Klientin ihre Bedürfnisse, Vorhaben und Ziele (ihre ureigenen wie auch die von anderen übernommenen oder induzierten; siehe dazu Machtfeld) und die in ihrem innerpersonalen Bereich wirksamen Hindernisse und Potenziale; auf Seiten ihrer erlebten Umwelt und ihrer Wechselbeziehung mit ihr die Anforderungen aus dieser Umwelt und die damit verbundenen hemmenden und förderlichen Kräfte; schließlich gelten als Randbedingung, die den Möglichkeitsraum all dieser Kräfte absteckt, die materiellen, nicht-psychologischen Existenzbedingungen der Person (wie z.B. ihr Geschlecht, ihr Alter, ihr physiologischer Zustand, ihre sozialen Existenzbedingungen) und ihrer Umwelt (Epoche, Ort, Kultur, Friedens- oder Kriegswelt etc.) zu beachten."
"Psychologisches Feld" bezeichnet stets ein Verständnis der Psyche als eines von Person und Umwelt gebildeten Bereichs gleichzeitig bestehender und wechselseitig abhängiger Sachverhalte (vgl. Lewins Formel: Verhalten ist eine Funktion von Person und Umwelt). In so einem Feld pflanzt sich die Wirkung eines Eingriffs von außen oder die Veränderung in einem Teilbereich im allgemeinen durch das Ganze fort und erfolgt eine Änderung seines Gesamtzustandes in Richtung auf ein Gleichgewicht zwischen den Teilen und im Verhältnis des Ganzen zu den Außenbedingungen (Kraftfeldanalyse). Es muss betont werden, dass innerhalb der Gestalttheorie von „psychologischem Feld“ immer nur in Bezug auf die "innere" Welt (Kurt Lewin: "Lebensraum") des einzelnen Individuums die Rede ist, nicht dagegen in Bezug auf Austausch und Wechselwirkung zwischen zweien oder mehreren Individuen im Sinne getrennter physikalischer Organismen.
"Phänomenales Feld": Dieses umfasst in der Regel das phänomenale Körper-Ich und dessen phänomenales Umfeld – man spricht in dem Zusammenhang auch vom phänomenalen Gesamtfeld (im Unterschied zum phänomenalen Wahrnehmungsfeld ohne Körper-Ich).
"Psychisches Feld": Das phänomenale Feld ist allerdings kein geschlossenes, sondern ein offenes, über sich selbst hinausweisendes System. Das wird nicht zuletzt an der Tatsache erkennbar, dass wir im phänomenalen Feld Wirkungen von Kräften wahrnehmen, ohne dass uns diese bewirkenden Kräfte selbst phänomenal zugänglich wären. Das Konzept des psychischen Feldes ist also gegenüber dem des phänomenalen Feldes um jene phänomenal nicht anschaulich gegebenen Kräfte erweitert, die sich im phänomenalen Feld nur über ihre Wirkung phänomenal bemerkbar machen. Auf solche Kräfte beziehen sich die quasi-phänomenalen Konstrukte der Gestaltpsychologie (wie z.B. Prägnanztendenz, psychisches Bezugssystem), aber auch der Tiefenpsychologie (wie z.B. die der nicht bewussten Kräfte der "Abwehr", des "Widerstandes" u.v.m.) und anderer psychologischer Richtungen.
"Phänomenologie": Der Gestaltpsychologe Kurt Koffka sagt zur Phänomenologie: "Für uns bedeutet Phänomenologie eine möglichst unvoreingenommene und umfassende Beschreibung des unmittelbar Erfahrenen." Es kann unter Phänomenologie eine psychologische Arbeitsweise verstanden werden, bei der sich der Forscher im Wesentlichen auf eigene Phänomene oder die ihm indirektvermittelten Phänomene anderer Menschen bezieht.
"Schöpferische Freiheit" ist ein für die Gestalttheoretische Psychotherapie grundlegendes gestaltpsychologisches Konzept, das Wolfgang Metzger als Freisein von Hemmnissen versteht, welche die Entfaltung schöpferischer Kräfte behindern. Das Konzept geht von der Annahme aus, dass in einem lebenden System die Tendenz zur guten Gestalt wirkt und die grundsätzliche Möglichkeit der Selbstregulation besteht, wenn es daran nicht gehindert wird. Anhand von sechs "Kennzeichen der Arbeit am Lebendigen" beschreibt Wolfgang Metzger jene Bedingungen, unter denen sich schöpferische Kräfte entfalten können: Nicht-Beliebigkeit der Form, Gestaltung aus inneren Kräften, Nicht-Beliebigkeit der Arbeitszeiten, Nicht-Beliebigkeit der Arbeitsgeschwindigkeit, Duldung von Umwegen, Wechselseitigkeit des Geschehens.
"Tendenz zur guten Gestalt" (Prägnanztendenz) ist - auf die Entwicklung der Person bezogen - die Fähigkeit jedes Menschen zur Selbstregulation und Selbstorganisation. Wolfgang Metzger beschreibt die "Tendenz zur guten Gestalt" allgemein als den tief in uns angelegten Drang, Gestörtes in Ordnung zu bringen und bei Unentwickeltem Geburtshelfer zu sein. Der Mensch besitzt diese Fähigkeit zur spontanen Selbstorganisation, die es ihm ermöglicht, situationsgemäß ein inneres Gleichgewicht aus eigenen Kräften wiederherzustellen und sich neu zu stabilisieren, ohne dass ordnende Eingriffe von außen notwendig sind.
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