DDR. Jürgen Noll
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Biografiearbeit
und Umgang mit belastenden Erinnerungen

Biografiearbeit ist die Beschäftigung mit der eigenen Lebensgeschichte. Die Biografie wird dabei nicht nur als starre Auflistung von Daten verstanden, sondern als aktiver Prozess, in dem Sie immer wieder eingeladen sind, für sich zu entscheiden, was im eignen Leben besonders wichtig, einschneidend, prägend, herausfordernd und schön war oder ist.

Das Ziel von Biografiearbeit ist, sich selbst und das eigene Leben sowie die Einbettung im sozialen Umfeld besser zu verstehen. Dieses bessere Verständnis des eigenen Lebens kann Menschen in herausfordernden Lebenssituationen dabei unterstützen, schwierige Erlebnisse einzuordnen und dazu innere Distanz aufzubauen. Gleichzeitig werden auch Ressourcen deutlich sichtbar, die jemand entlang dem eigenen Lebensweg entwickelt hat.

Die Beschäftigung mit der eigenen Biografie gibt also zum einen Orientierung: Bedeutsame Lebensereignisse kommen in Erinnerung und können eingeordnet werden. Außerdem macht biografische Arbeit bewusst, was man schon alles geschafft hat und welche Hindernisse man dabei überwunden hat. Dies stärkt und gibt Lebensmut, das gegenwärtige Leben zu gestalten und die Zukunft zu planen.

Es gibt verschiedene Methoden der Biografiearbeit. Zum Beispiel die Narrative Expositionstherapie (NET), Life Span Integration nach Peggy Pace (LSI), Biografiearbeit nach Dr. Elisabeth Lukas und die Erstellung einer Lebenslinie sind nur vier Techniken, die in Psychotherapie und Beratung eingesetzt werden, um die Biografie eines Klienten zu erforschen und ihm dabei zu helfen, emotionale Blockaden und belastende Erinnerungen zu überwinden.

  • Die Narrative Expositionstherapie (NET) ist eine traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie, die darauf abzielt, traumatische Erlebnisse und Erfahrungen zu verarbeiten. NET basiert auf der Annahme, dass traumatische Erlebnisse oft zu einer dysfunktionalen Wahrnehmung der Welt führen, die sich in einer ständigen Bedrohung und Angst äußert. Die Therapie zielt darauf ab, diese Wahrnehmung zu ändern und dem Klienten eine neue Perspektive auf seine Erfahrungen zu geben.

    Die NET verwendet eine Methode, bei der der Klient aufgefordert wird, eine detaillierte Erzählung des traumatischen Ereignisses zu erstellen. Der Berater leitet den Klienten dabei an, die Ereignisse in chronologischer Reihenfolge darzustellen und so viele sensorische Details wie möglich einzubeziehen. Diese Methode hilft dem Klienten, die belastende Erinnerung in seiner eigenen Sprache und aus seiner eigenen Perspektive zu beschreiben. Dadurch können sie das Ereignis besser verstehen und verarbeiten. Gleichzeitig wird es dadurch immer deutlicher als "vergangen" wahrgenommen, was Nachwirkungen im aktuellen Leben verringert.

  • Life Span Integration (LSI) ist eine tiefenpsychologische Methode, die auf der Annahme basiert, dass negative Erfahrungen und Traumata aus der Vergangenheit in der Gegenwart fortwirken können. LSI setzt darauf, diese Erfahrungen zu integrieren und dem Klienten eine neue Perspektive auf seine Biografie zu geben, indem sie den Verlauf des menschlichen Lebenszyklus nachzeichnet und die verschiedenen Entwicklungsstadien des Menschen integriert.

    LSI verwendet eine Kombination aus bildlicher Vorstellungskraft und traditionellen therapeutischen Techniken, um negative Erinnerungen und Traumata zu verarbeiten und zu integrieren. Das Ziel ist es, den Klienten zu helfen, ihre emotionalen Reaktionen auf traumatische Ereignisse zu reduzieren und sie besser zu bewältigen. Der Fokus liegt dabei auf der Stärkung der eigenen Identität und der Entfaltung des eigenen Potenzials.

  • Die Biografiearbeit nach Dr. Lukas basiert auf der Annahme, dass die Biografie eines Menschen die Grundlage für seine Persönlichkeit und Identität bildet. Die Biografiearbeit nach Frau Dr. Lukas zielt darauf ab, den Klienten zu helfen, seine Vergangenheit besser zu verstehen und sich von negativen Erfahrungen zu lösen. Dabei spielen Themen wie Selbstreflexion, Selbstwahrnehmung und Selbstakzeptanz eine wichtige Rolle. Und der Fokus liegt auf den positiven Aspekten der Biografie. Es wird damit versucht, die Ressourcen des Klienten zu stärken und zu aktivieren.

    Die Methode beinhaltet die Arbeit mit der individuellen Lebensgeschichte, die Untersuchung von biografischen Wurzeln von Problemen und Konflikten, sowie das Arbeiten mit den aktuellen Themen und Ressourcen des Klienten. Der Berater unterstützt den Klienten dabei, seine Biografie und Erfahrungen zu reflektieren und neue Perspektiven und Lösungsansätze zu entwickeln.

  • Die "Lebenslinie" ist eine Technik in der systemischen Beratung, die dazu verwendet wird, die Biografie eines Klienten zu erforschen und wichtige Ereignisse oder Wendepunkte in seinem Leben zu identifizieren. Die Technik zielt darauf ab, dem Klienten eine Perspektive auf sein Leben zu geben und Zusammenhänge zwischen verschiedenen Ereignissen zu erkennen.

    In der Lebenslinie werden wichtige Ereignisse im Leben des Klienten auf einer horizontalen Linie dargestellt, die den Verlauf des Lebens von der Geburt bis zur Gegenwart repräsentiert. Dabei werden Meilensteine wie Geburt, Schulabschluss, Karrierewechsel, Eheschließung oder Trennungen, Todesfälle oder andere einschneidende Erlebnisse aufgeführt und in zeitlicher Reihenfolge angeordnet. Der Berater kann dann Fragen stellen, um zu klären, welche Ereignisse in der Biografie des Klienten besonders bedeutsam waren, welche Herausforderungen oder Erfolge damit verbunden waren, welche Menschen und Beziehungen in diesem Zusammenhang eine Rolle spielten und wie sich diese Ereignisse auf das Leben und den gegenwärtigen Zustand des Klienten auswirken.

    Die Lebenslinie ist eine effektive Technik, um dem Klienten dabei zu helfen, sein Leben in einer ganzheitlichen Perspektive zu betrachten und Zusammenhänge zwischen verschiedenen Ereignissen zu erkennen. Die Technik kann auch dazu beitragen, die Identität des Klienten zu stärken, seine Ressourcen zu erkennen und neue Wege der Veränderung zu identifizieren.

Trotz ihrer unterschiedlichen Schwerpunkte gibt es also viele Gemeinsamkeiten zwischen diesen Ansätzen. Alle vier setzen darauf, dem Klienten eine neue Perspektive auf seine Biografie und Erfahrungen zu geben und ihm dabei zu helfen, emotionalen Blockaden zu überwinden. Sie zielen alle darauf ab, die eigene Identität und das eigene Potenzial zu stärken. Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass alle Techniken den Klienten dazu ermutigen, seine eigenen Ressourcen und Fähigkeiten zu entdecken und zu nutzen, um seine Ziele zu erreichen.

Während die Narrative Expositionstherapie und Life Span Integration sich auf die Verarbeitung von belastenden Erinnerungen und die Stärkung der Identität konzentrieren, zielen die Biografiearbeit nach Dr. Lukas und die Lebenslinie darauf ab, Zusammenhänge zwischen verschiedenen Ereignissen zu erkennen und dem Klienten eine Perspektive auf sein Leben zu geben. Je nach den individuellen Bedürfnisse des Klienten wird also die Technik gewählt, die am besten zu seinen Zielen und Bedürfnissen passt.

Konkret kann die Biografiearbeit sehr unterschiedlich ausgestaltet sein und diverse Techniken zum Einsatz kommen:

  • Kreative Biografiearbeit: Diese Methode beinhaltet die Verwendung von kreativen Techniken wie Malen, Zeichnen, Skulpturen oder Collagen, um die Biografie des Patienten darzustellen. Kreative Biografiearbeit kann helfen, den Zugang zu Emotionen und Erinnerungen zu erleichtern und neue Erkenntnisse zu gewinnen.

  • Biografisches Interview: In einem biografischen Interview fragt der Therapeut den Patienten nach seiner Lebensgeschichte und ermutigt ihn, detaillierte Beschreibungen zu geben. Dies kann helfen, wichtige Ereignisse und Muster in der Biografie zu identifizieren und den Patienten dabei unterstützen, neue Perspektiven auf sein Leben zu gewinnen.

  • Genogramm: Ein Genogramm ist eine visuelle Darstellung der Familienstruktur und der Beziehungen zwischen den Mitgliedern. Es kann helfen, familiäre Muster und Einflüsse auf den Patienten zu identifizieren und Probleme und Konflikte zu verstehen.

  • Autobiografisches Schreiben: Bei dieser Methode wird der Patient aufgefordert, seine eigene Biografie oder einen bestimmten Abschnitt seines Lebens aufzuschreiben. Das Schreiben kann helfen, Erinnerungen und Emotionen zu aktivieren, die Verarbeitung von Erlebnissen zu unterstützen und neue Erkenntnisse zu gewinnen.

  • Biografiearbeit in der Gruppe: In einer Gruppe können die Teilnehmer ihre Biografien teilen und sich gegenseitig unterstützen, um Verständnis und Respekt füreinander zu entwickeln. Gruppenbiografiearbeit kann auch helfen, das Gemeinschaftsgefühl und die Zusammenarbeit zu fördern.

Was im konkreten Fall am besten zu Ihnen und Ihrem Anliegen passt, finden wir im Beratungsprozess gemeinsam heraus.

[Ein Einblick in meine grundsätzliche Arbeitsweise und Methoden]

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